Angespannte Versorgungslage

Der fossile Energie-Peak ist in Sicht
und damit dauerhaft hohe Energiepreise

energiepeakBild links: Vergangenheit und Zukunft der weltweiten Förderung fossiler Energierohstoffe und Uran. Szenario der Energy Watch Group von März 2013

 

 

Schon vor Ende dieses Jahrzehnts könnte die weltweite Versorgung mit allen fossilen Energieträgern und Uran ihren Höhepunkt überschreiten. Schon jetzt ist die Versorgungslage sehr angespannt, entgegen vieler in letzter Zeit in den Medien verbreiteter Prognosen. Das zeigt eine neue Studie der Energy Watch Group, in der erstmals die wahrscheinlichen Förderprofile aller konventioneller Energieträger – Erdöl, Erdgas, Kohle und Uran – zusammengefasst werden.

Die Erdöl-Krise

Seit dem Jahr 2005 hat demnach die Erdölförderung bereits ihren Höhepunkt erreicht und verweilt mit Schwankungen auf einem Plateau. Die konventionelle Erdölförderung befindet sich seit 2008 sogar im Förderrückgang, der bislang nur durch besonders aufwändige und teure („unkonventionelle“) Fördermethoden kompensiert werden konnte. Neue Felder, nicht nur beim Erdöl, liefern jedoch meist auch eine schlechtere Qualität, mehr Schadstoffe, sind kleiner und immer schwieriger zu erschließen.

Der Erdgas-Traum

Auch die konventionelle Erdgasförderung ist weltweit in vielen Teilen der Welt bereits im Rückgang, besonders in Europa und Nordamerika. Die detaillierte Untersuchung vieler Förderregionen führt zu dem Schluss, dass bereits vor 2020 auch die weltweite Erdgasförderung ihren Höhepunkt überschreiten könnte. Daran ändert auch der aktuelle Schiefergasboom in den USA nichts. Er beruht auf einer Sondersituation und einer Förderdynamik, die sich nur vorübergehend aufrecht erhalten lässt, wie genaue Untersuchungen der Förderregionen zeigen. In Texas beispielsweise, wo zur Zeit am meisten Schiefergas gefördert wird, hat die Förderung ihr Maximum bereits überschritten. Die gesamte Gasförderung ist in dem US-Bundesstaat nach neuesten Zahlen allein im Jahr 2012 um 20 Prozent zurückgegangen.

Die Energy Watch Group erwartet deshalb, dass die Schiefergasförderung in den USA ab 2015 nicht weiter wächst, sondern sehr schnell stark zurückgehen wird. Die bisher in den USA gemachten Erfahrungen lassen sich außerdem aus vielen Gründen nicht auf andere Länder übertragen. Die Hoffnungen auf einen weltweiten Boom des unkonventionellen Erdgases erscheinen deshalb unbegründet.

Der Kohle-Knick

Dagegen gelten die weltweiten Kohlevorräte als reichlich. Oft wird sogar behauptet, die Vorräte würden eine problemlose Versorgung für Jahrhunderte sichern. In nur zehn Jahren haben sich die offiziell anerkannten Reserven halbiert. Und auf dem Weltmarkt wird nur ein kleiner Teil der geförderten Kohle gehandelt. Das meiste verbrauchen die Förderstaaten selbst. Inzwischen ist auch China, das Land mit der größten Kohleförderung vom Exporteur zum Importeur geworden. Hauptsächlich zwei Länder versorgen den Weltmarkt: Australien und Indonesien. Doch die Qualität der Kohle ist dramatisch gesunken. In spätestens zehn bis zwanzig Jahren ist der weltweite Förderhöhepunkt zu erwarten.

Die Atomkraft-Chimäre

Beim Uran wird derzeit ein Teil des Bedarfs aus Lagerbeständen und dem Rückbau von Atomsprengköpfen gedeckt. Der bisherige Förderhöhepunkt bergmännisch abgebauten Urans lag in den 1980er-Jahren. Im besten Fall wird es gelingen, die bestehenden und einige neue Atomkraftwerke noch einige Zeit mit Brennstäben zu versorgen. Ein massiver Ausbau der Atomenergie würde an fehlendem Uran scheitern.

„Peak Energy“

Fasst man die Szenarien zusammen, ergibt sich ein wahrscheinlicher Förderpeak aller konventioneller Energieträger zwischen 2015 und 2020. Auf den Förderhöhepunkt folgt der Rückgang und damit dauerhaft hohe und möglicherweise weiter steigende Preise, weil das Angebot nicht mehr die Nachfrage decken kann. Spätestens dann werden nur noch diejenigen Verbraucher beliefert, die in der Lage sind, hohe Preise zu zahlen.
Thomas Seltmann, 28.4.2013

Thomas Seltmann ist seit zwanzig Jahren unabhängiger Experte und Autor für Energiefragen und war Projektmanager der Energy Watch Group.

Text verfasst für eine Broschüre von POC.